Unsere Zahl des Monats 10/2021: Gastgewerbe, Tourismus und persönliche Dienstleister mit höchsten Beschäftigungsrückgängen im Corona-Jahr 2020

Der Verlust von Arbeitskräften bremst auch zukünftig die Umsatzerholung. Beschäftigungszuwächse bestehen u. a. im Onlinehandel, bei Paketdienstleistern und im IT-Sektor.

Die Corona-Pandemie hat in den Tourismus-, Gastgewerbe- und persönlichen Dienstleistungsbranchennicht nur zu Umsatzeinbrüchen, sondern auch zu einem hohen Verlust von Arbeitskräften geführt. Wie ein Vergleich der von der Bundesagentur für Arbeit (BA) veröffentlichten Beschäftigtenstatistik per 31.12.2020 mit jenen Ende 2019 zeigt, haben diese Branchen angesichts langer Shutdowns sowie Reise- und Veranstaltungsbeschränkungen bis zu einem Fünftel ihres Personals verloren.

In der nachfolgenden Grafik sind die größten Corona-Gewinner und Verlierer bezüglich der prozentualen Beschäftigungsentwicklung 2020 dargestellt. Die grünen Balken weisen die absolute Veränderung der Beschäftigten, d. h. die Summe aus sozialversicherungspflichtig (SVB) und ausschließlich geringfügig Beschäftigten (AGB) vom 31.12.2020 versus 31.12.2019 aus. Die hellgrau hinterlegten Zahlen geben die prozentuale Veränderung der Beschäftigten im gleichen Zeitraum an.

Über alle Wirtschaftszweige lag die Beschäftigtenzahl gemäß BA Ende 2020 nur gut 1 % unter dem Vorjahreswert, wobei die Anzahl SVB über alle Branchen stabil blieb, während die AGB um etwa ein Zehntel nachließen.

Den mit Abstand höchsten absoluten Rückgang aller Sektoren musste das Gastgewerbe mit insgesamt 275 000 Beschäftigten hinnehmen. Damit ging jeder sechste Arbeitsplatz (-16,5 %) in diesen beschäftigungsintensiven Branchen verloren, wobei die Gastronomie (WZ 56) und das Beherbergungsgewerbe (WZ 55) anteilig gleichermaßen betroffen waren. Neben 165 000 Minijobbern (ca. 30 % der AGB im Gastgewerbe) verloren hier auch 110 000 bzw. ein Zehntel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2020 ihren Arbeitsplatz. Zum Vergleich: Im gesamten Verarbeitenden Gewerbe (WZ 10–33) betrug der Arbeitsplatzabbau zeitgleich ca. 230 000, was jedoch nur rund 3 % der Arbeitsplätze über alle Industriezweige entsprach.

Unter den Reisebüros und -veranstaltern (WZ 79) lag der prozentuale Beschäftigungsrückgang mit über 18 % noch höher als im Gastgewerbe, betraf insgesamt aber lediglich 18 000 Stellen, wobei es sich hierbei zu drei Vierteln um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse handelte. Die persönlichen Dienstleistungsbranchen (WZ 90, 92, 93 und 96) verzeichneten den dritthöchsten prozentualen Arbeitsplatzrückgang mit -10 % bzw. 16 500 Stellen, die etwa hälftig auf sozialversicherungspflichtig und ausschließlich geringfügig Beschäftigte entfielen. In besonderem Maße waren hierbei Kunst- und Kulturschaffende (WZ 90), die Unterhaltungsbranche (WZ 93.2) sowie Friseur- und Kosmetiksalons (WZ 96.02) betroffen. Dass der Beschäftigungsabbau angesichts der langen Lockdowns sowie der pandemiebedingten Absage nahezu aller Großveranstaltungen, Volksfeste usw. im Jahr 2020 in diesem Sektor nicht noch höher ausfiel, dürfte auch an der sehr hohen Anzahl Selbstständiger bzw. Einzelunternehmer/-innen in diesen Wirtschaftszweigen liegen. Die Friseur- und Kosmetikbranche besteht zu 93 % aus Einzelunternehmen. Im WZ 90 belief sich der Anteil Selbstständiger im Jahr 2019 auf über 60 % und im WZ 93.2, dem u. a. Schausteller/-innen und Vergnügungspark-Betreiber/-innen angehören, auf ca. ein Viertel, während über alle Wirtschaftszweige nur jeder zehnte Erwerbstätige selbstständig ist. Da Selbstständige nicht in der BA-Beschäftigtenstatistik enthalten sind, dürfte der Anzahl derer, die durch die Pandemie erwerbslos geworden sind, unter den persönlichen Dienstleistern noch sehr viel höher liegen.

Die höchsten prozentualen Arbeitsplatzzuwächse verzeichneten zeitgleich der Onlinehandel (+8,3 %), Post- und Paketdienstleister (+6 %) sowie die IT-Branche (WZ 62, +3,7 %). Mit einer noch stärker als vor Ausbruch der Pandemie gestiegenen Nachfrage zählen diese Wirtschaftszweige auch im Hinblick auf die Beschäftigungssituation zu den Corona-Gewinnern.

Ausblick nach Corona

Die Umsatzaussichten sind durch den Nachholbedarf und eine Nachfrageanstieg seitens privater wie geschäftlicher Reisen, Gastronomiebesuche und Veranstaltungen und Treffen nach eineinhalb Jahren pandemiebedingter Lockdowns bzw. Absagen sehr positiv. Seit der Wiedereröffnung Ende Mai 2021 ist die Personalknappheit aber gerade im Gastgewerbe groß. Fehlendes Servicepersonal schränkt die Öffnungszeiten bzw. Belegungsquoten der Betriebe und damit auch die Umsatzerholung ein. Angesichts unattraktiver Arbeitszeiten sowie nach wie vor sehr niedriger Löhne ist davon auszugehen, dass viele der über 275 000 zuvor im Gastgewerbe Beschäftigten dauerhaft an ihren neuen Arbeitsplätzen – etwa in der Logistik oder bei Onlinehändlern – bleiben.

Mittelfristig stellt der bereits vor Corona wachsende Fachkräftemangel die Branche vor große Herausforderungen, zumal die seit Jahren rückläufige Anzahl der neu geschlossenen Ausbildungsverträge im Jahr 2020 neue Negativrekorde erreichte mit einem Rückgang im Vergleich zum Vorjahr von rund einem Fünftel bei Köchinnen und Köchen, einem Drittel im Hotelfach und über 60 % bei Reiseverkehrskaufleuten. Auch im Friseurgewerbe lag die Zahl der neu besetzten Ausbildungsplätze zuletzt 19 % unter dem Vorjahr. Der sich dadurch weiter verstärkende Fachkräftemangel dürfte auch nach Ende der Corona-Beschränkungen eine wesentliche Wachstumsbremse für diese Branchen darstellen.


Quellen: Bundesagentur für Arbeit (BA): Beschäftigte nach Wirtschaftszweigen (WZ 2008), Quartalsveröffentlichung, Stichtage: 31.12.2019 u. 31.12.2020; eigene Auswertungen; Statistisches Bundesamt: Erwerbstätige nach Wirtschaftsgruppen, Jahr 2019, Unternehmensregister 2019, Fachserie 2, Reihe 1.6.4 Unternehmen und Arbeitsstätten, Kostenstruktur bei Friseur- und Kosmetiksalons 2018, Pressemitteilung zu Ausbildungsplätzen v. 11.08.2021; Allgemeine Hotel- und Gaststättenzeitung (AHGZ): Hotels und Gaststätten suchen dringend Mitarbeiter, 21.09.2021; wdr.de: Gastronomie am Limit: Cafés und Restaurants fehlt Personal, 21.09.2021.

Weitere Beiträge der Serie „Zahl des Monats“ finden Sie hier.

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