Unsere Zahl des Monats 08/2020: Corona-Pandemie beendet den Boom im Beherbergungsgewerbe

Großstädte besonders stark betroffen, Ferienregionen profitieren vom bevorzugten Deutschlandurlaub

Das Beherbergungsgewerbe in Deutschland zählt zu den am stärksten von der Corona-Pandemie betroffenen Branchen. Damit findet die zehnjährige, dynamische Wachstumsphase ein abruptes Ende. Im Jahr 2019 erzielte die Gesamtbranche mit insgesamt ca. 500 Mio. Übernachtungen und einem Plus von 3,7 % binnen Jahresfrist bzw. einem Zuwachs von 17 % innerhalb von fünf Jahren (2014–2019) noch neue Rekordmarken. Über ein Fünftel der Übernachtungen entfielen 2019 dabei auf Gäste aus dem Ausland.

Grund für den Rückgang ist einerseits die ca. achtwöchige Schließung aller Betriebe für den Tourismus von Mitte März bis Mitte Mai sowie die hohen Hygiene- und Sicherheitsauflagen nach der – je nach Bundesland unterschiedlich terminierten – Wiedereröffnung der Hotels, Gaststätten, Pensionen, Ferienwohnungen und -häuser sowie Campingplätze. Bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffs dürfte zudem die regional unterschiedliche, aber überall eingeschränkte Belegungsquote von 50 bis 80 % in der Hotellerie Bestand haben. Diese dominiert mit einem Umsatzanteil von ca. 90 % den Gesamtumsatz im Beherbergungsgewerbe.

Zum anderen ist das für die Branche wichtige Konsumklima in Deutschland durch die Pandemie eingebrochen. Verbunden mit einer gestiegenen Arbeitsplatzunsicherheit sowie gesundheitlichen Bedenken schränkt dies die Reiselust der Verbraucher erheblich ein. Bedingt durch die Absage fast aller Messen, Kongresse und geschäftlicher Treffen bis weit in den Herbst 2020 sowie der finanziell angespannten Situation fast aller Unternehmen ist auch die Anzahl der Geschäftsreisen drastisch zurückgegangen. Vor Corona entfielen ca. ein Viertel der Übernachtungen auf beruflich Reisende.

Wie in der Grafik ersichtlich, hat sich die Übernachtungszahl (insgesamt) in Deutschland von Januar bis Mai 2020 mit -49 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahezu halbiert. Der Anteil Auslandsreisender ist angesichts der weiterhin weltweit geltenden Reisebeschränkungen sowohl im Tourismus- als auch im Geschäftsreisesektor mit -56 % dabei wesentlich stärker betroffen als die Inlandsnachfrage.

Positiv stimmt, dass die Talsohle nach dem Übernachtungsrückgang um nahezu 90 % im Monat April (-89 % ingesamt, -93 % Auslandsgäste) durchschritten sein dürfte. Im Mai 2020 war der Rückgang im Vergleich zum Mai 2019 mit -75 % immer noch stark, es gibt aber deutliche Anzeichen der Erholung mit Wiedereröffnung der Betriebe ab der zweiten Maihälfte. Für den Sommer liegen zwar noch keine Zahlen aus der amtlichen Statistik vor, aktuelle Umfragen berichten jedoch von einer sehr hohen Belegungsquote gerade in den Ferienregionen an der Nord- und Ostsee, aber auch in den süddeutschen Regionen. Dennoch dürfte der entgangene Umsatz aus der nicht nachholbaren Osterferien- und Frühjahrssaison bis zum Jahresende nicht aufzuholen sein. Für das gesamte Jahr 2020 sind folglich Übernachtungs- und Umsatzrückgänge im höheren, zweistelligen Bereich zu erwarten.

Die Bundesländer sind unterschiedlich stark betroffen. Besonders hart trifft es die Großstädte, die in den letzten Jahren vom boomenden Städtetourismus und einer stetig wachsenden Zahl von Gästen aus dem Ausland profitierten. Die Übernachtungsrückgänge in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg waren entsprechend mit -55 % bzw. -52 % insgesamt sowie jeweils -60 % bei Auslandsgästen mit am höchsten. Auch im Juni und Juli bleiben die Belegungsquoten in den Großstädten mit unter einem Viertel etwa in Berlin äußerst gering. Mit weiterhin sehr gedämpften Aussichten gerade im Geschäfts- und Auslandsreisesektor sind die Hotelliers in den Metropolen am stärksten von der Corona-Pandemie betroffen.

Die Bundesländer mit den beliebtesten Ferienregionen in Deutschland mussten im Frühjahr ebenfalls hohe Übernachtungsrückgänge hinnehmen. Überproportional stark waren Mecklenburg-Vorpommern mit -54 %, Niedersachsen (-51 %) und Schleswig-Holstein (-50 %) im Norden, aber auch die süddeutschen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg (je -49 %) mit ihren Tourismusregionen in den Bergen und an den Seen betroffen, zumal der Lockdown für die Hotellerie hier etwa zwei Wochen länger dauerte als im übrigen Bundesgebiet. Diese tourismusintensiven Bundesländer profitieren allerdings in den Sommermonaten wie erwähnt vom Boom des Deutschlandtourismus angesichts der anhaltenden Pandemie.

Weitere Beiträge der Serie „Zahl des Monats“ finden Sie hier.

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